Pädagogischer Hintergrund

Pädagogischer Hintergrund

»Jeder Mensch will notwendig sein«

Zur Bedeutung der Arbeit für Jugendliche*

Markus von Schwanenflügel

 

 

Das Thema, das ich mir gestellt habe, so zeigte sich bei der Vorbereitung, beschäftigt mich seit meiner Jugend. Daher möchte ich es bewusst subjektiv – trotz der damit verbundenen Gefahren – entlang ganz persönlicher Erlebnisse entwickeln:

Als ich zwölf Jahre alt war, wurde ich von einem Klassenkameraden »gekeilt«, d.h. ich wurde Mitglied im »Stamm Fram« des Bundes Deutscher Pfadfinder in Hamburg und zwar, wie es für das Alter typisch ist, mit Haut und Haaren, ohne Wenn und Aber. Ich leitete bereits nach einem Jahr eine eigene »Sippe« und war, ehe ich es mich versah, schon mit sechs Jahren »Stammesführer« und damit für mehrere Gruppen zuständig.1 Diese steile Karriere war Folge eines Problems: Die älteren Jugendlichen hatten keine Lust mehr auf Klettertouren, Knoten knüpfen, Singen und Heimabende mit kleinen Jungen. Keiner wollte mehr Gruppenleiter werden. Mit der Zeit gewann auch ich etwas Distanz, sah Manches kritischer und dachte, dass es vielleicht doch an der Zeit sein könnte, dass die Pfadfinderei in dieser Form aussterbe.

Über einen Jungen, der nicht bei uns in den Elbvororten wohnte, sondern im Osdorfer Born – einem berüchtigten sozialen Brennpunkt – bekamen wir Einblick in ganz andere Lebensverhältnisse: In dieses monströse Neubaugebiet waren die Bewohner aus den nach dem Kriege entstandenen Gebieten mit Notunterkünften, aus den »Nissenhütten«, umgesiedelt worden. Wir entschlossen uns spontan, für Kinder aus diesem Wohngebiet in den Ferien ein Zeltlager zu machen. Das wurde ein großer Erfolg. Daraufhin besetzten wir ein leer stehendes Haus am Rande dieser Siedlung, um dort ein Jugendzentrum einzurichten, und eröffneten einen Abenteuerspielplatz. Ohne Mühe fanden wir nun weitere ältere Jugendliche als Helfer, die sich begeistert in diesen wie von selbst wachsenden Projekten als ehrenamtliche Betreuer engagierten. Mit diesen Kindern Wanderungen zu machen, abends am Lagerfeuer zu sitzen und Lieder zu singen, machte offensichtlich Spaß. Wir schafften die »Kluft« ab, »arbeiteten« natürlich koedukativ und führten heftige Diskussionen darüber, ob ältere Teilnehmer irgendwelche Privilegien haben dürften, wie z.B. später Schlafen zu gehen, Alkohol zu trinken oder alleine mit der Freundin in einem Zelt zu schlafen … man schrieb das Jahr 1968.

Doch die Freude an der Sache blieb davon unberührt, und ich erinnere mich noch an den Moment, als mir aufging, dass die Lösung unseres Gruppenleiterproblems eine Frage des Sinns war, den die Heranwachsenden ihrem Engagement abgewinnen können oder eben nicht. Ob eine Tätigkeit auf die Dauer Spaß macht, hängt eben sehr davon ab, ob sie Sinn macht.

Auch an Waldorfschulen gibt es Hinterbänkler

Nach dem Studium wurde ich dann Waldorflehrer. Schon im zweiten Jahr saß ich in einem Arbeitskreis »Neugestaltung der Oberstufe«. Diese Fragestellung begleitet mich bis heute. Mein persönlicher Einstieg war das erschütternde Erlebnis, als junger Lehrer nicht darauf vorbereitet zu sein, dass es »schwierige« Schüler gibt, geschweige denn darauf, »erziehungskünstlerisch« mit ihnen umzugehen. Einerseits bewunderte ich einige meiner älteren Kollegen, die nur den Raum betreten mussten, damit Ruhe einkehrte, wobei ich das Gefühl hatte, dass ich eine solche Autorität nie haben, ja, dass sie auch irgendwie nicht zu mir passen würde. Andererseits beobachtete ich mit Erstaunen, wie viele dieser Hinterbänkler oft sang- und klanglos aus der Schule verschwanden.

Wir Kollegen lernten, uns einzugestehen, dass wir viele Schüler jeder Klasse nicht erreichten und dass das nicht primär an den Schülern lag, sondern viel eher an unserer Schule, deren »Angebot« nicht den originären Lernintentionen vieler Heranwachsender entsprach. Wir bemühten uns in immer neuen Anläufen, die Schule umzugestalten. Wir haben viel versucht: zusätzlichen praktischen Unterricht, Ausweitung der Wahlmöglichkeiten, verschiedene Praktika und Projekte … Zwei Jahre lang wurde ein großer zusätzlicher Werkstattbereich geplant. Das Studium der Notizen aus 20 Jahren zeigt, dass es in vielen Variationen darum ging, die Schule so zu verändern, dass den Schülern der Sinn ihres Tuns besser erlebbar wurde. Letztlich wurden jedes Mal nur Reförmchen durchgesetzt, nicht weil größere Projekte nicht finanzierbar gewesen wären, sondern weil durch die Vorgaben für die Abschlüsse (Anzahl der Fächer, Mindeststundenzahlen, Inhalte) bereits mehr als 90% der zur Verfügung stehenden Stunden »vergeben« waren – und das, obwohl in NRW die Abschlüsse der Sekundarstufe II bis heute ohne Prüfung erteilt wurden und die eigentliche Vorbereitung auf das Abitur formal auf die 13. Klasse beschränkt blieb. Nach 15 Jahren wechselte ich in den Sonderschul- bzw. Kleinklassenbereich und stellte fest, wie viel leichter hier echte Reformen zu realisieren waren, weil die Zwänge durch die staatlichen Abschlüsse fast ganz wegfielen und weil die Schüler uns, den Lehrern, aber auch den Eltern, noch viel deutlicher sagten, dass Schule anders sein müsse.

Der Bauernhof als letzte Rettung

Schon in den ersten Jahren meines Lehrerseins hatte ich die Erfahrung gemacht, dass es in schwierigen pädagogischen Situationen für alle Beteiligten eine Chance sein kann, dem Schüler eine »Auszeit« zu ermöglichen. Auslandsaufenthalte und vor allem Praktika in der Landwirtschaft schienen besonders geeignete »Maßnahmen« zu sein. Wenn wir Probleme mit einem Schüler2 hatten, setzte ich mich immer häufiger dafür ein, dass ein solches Praktikum seitens der Schule genehmigt und von den Eltern gebilligt wurde. Da ich zudem über gute Kontakte zur biologisch-dynamischen Landwirtschaft verfüge, wurde ich schon bald auch über die eigene Schule hinaus angesprochen, wenn wieder Mal ein Platz auf einem Bauernhof gesucht wurde.

Da mich die Entwicklung der »vermittelten« Schüler interessierte, versuchte ich Kontakt zu halten. Leider musste ich feststellen, dass recht häufig der erhoffte Erfolg, vor allem der längerfristige, ausblieb. Das hatte verschiedene Gründe:

  • Zwar trat in Schule und Elternhaus Entlastung ein – der Knabe, meist waren es Jungen, war ja weg und konnte nicht mehr stören. Es war aber vielfach so, dass die Lehrer sich in keiner Weise um ihren Schüler kümmerten: Aus den Augen, aus dem Sinn. Sie interessierten sich, wenn er dann nach mehreren Monaten zurückkam, auch oft nicht dafür, was er erlebt hatte, geschweige denn, dass sie die »Auszeit« dafür genutzt hätten, sich selbst oder die Verhältnisse an der Schule oder in der Familie so zu verändern, dass ein Rückfall des Schülers und Lehrer und der Eltern in alte Verhaltensweisen nicht nahezu vorprogrammiert gewesen wäre.
  • Meist blieb es dem Zufall überlassen, wer sich auf dem Bauernhof für den Schüler verantwortlich fühlte, wer bei Krisen helfen sollte und welche Informationen von der Schule und vom Elternhaus an die Praktikumsstelle weitergegeben wurden, um den Jugendlichen möglichst gut zu fördern usw.
  • Nicht zuletzt gingen sowohl Schule als auch Eltern davon aus, dass es den Bauern so viel Spaß macht, dem Schüler Traktorfahren beizubringen, auf ihn aufzupassen und dafür zu sorgen, dass er sich auch in der Freizeit nicht langweilt, dass ein solches Praktikum zum Null-Tarif möglich sein müsste, ja, dass der Schüler eigentlich noch Anspruch auf Taschengeld habe.

Das ärgerte mich, und so nahm ich mir vor, aus der Notlösung »Praktikum« ein pädagogisches Instrument zu entwickeln. Ich begann, diese Auszeiten intensiver mit den Beteiligten vorzubereiten, sorgte dafür, dass so etwas wie Hilfeplangespräche stattfanden und dass die Lehrer Kontakt zu den Schülern hielten. Ich versuchte zu helfen, wenn Probleme auftraten, z.B. besuchte ich die Jugendlichen auf den Höfen und beriet die Eltern und die Lehrer, wenn überlegt wurde, wie die Reintegration der Jugendlichen vorbereitet und helfend begleitet werden könnte. Gelegentlich hospitierte ich auch mal bei den beteiligten Lehrern oder regte die Eltern an, sich um professionelle Hilfe für ihre familiäre Situation zu bemühen. Auch war ich behilflich, für diese Langzeitpraktika eine Vereinbarung über die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zu formulieren.

Was willst Du selbst? Was interessiert Dich wirklich?

Durch eine glückliche Fügung ergab sich dann 1988 die Möglichkeit, mit einer Kollegin eine kleine sozialpädagogische Beratungsstelle an der Schule einzurichten – eine sehr segensreiche Einrichtung, über die in dieser Zeitschrift bereits berichtet wurde. Ich selbst reduzierte mein Stundendeputat, um unter dem Motto »Lernen ohne Schule« meine freiberufliche Beratungstätigkeit beginnen zu können. Meine Klientel sind Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klasse, die Probleme mit der Schule haben bzw. mit denen die Schule Probleme hat: Leistungsverweigerung, Schwänzen, Drogen, Disziplinschwierigkeiten, Aggressivität, Sprayen, Klauen … die ganze Bandbreite dessen, was wir als Symptome dafür kennen, dass junge Menschen unglücklich sind. Oft ist die letzte Eskalationsstufe schon überschritten: der Schulvertrag ist bereits gekündigt …

Nachdem die Lage möglichst sorgfältig im Einzelgespräch mit dem Jugendlichen und mit seinen Eltern und Lehrern sondiert ist, kommt der entscheidende Punkt: Was tun? Ich konfrontiere den Jugendlichen dann meist mit der Frage: Stell‘ Dir vor, es gäbe die Schule nicht, die Schulpflicht ist aufgehoben. Was würdest Du dann am liebsten tun? Wofür würdest Du Dich interessieren? Wo auf der Welt wärest Du gerne?

Oft wissen die Jugendlichen auch nach längerem Nachdenken nicht, was sie interessiert. Es kommen auf die Fragen keine Antworten oder nur solche, die wie ein undurchdringlicher, künstlicher Nebel sind: Im Bett liegen, Computer spielen, Musik hören … oder auch mal: Tiere töten, ritzen … Manchmal brauchen wir mehrere Gespräche, bis es ernst wird, bis wir »dran« sind. Dann beginnt ein spannender Prozess: Ausgehend von einer ersten Idee, z.B. im Bergwerk arbeiten oder Motorradfahren oder Kuchen backen, plane ich mit dem Jugendlichen sein Projekt. Wir untersuchen, ob so etwas überhaupt möglich ist und wo eventuell. Bis wir bei der Suche Erfolg haben, vergehen manchmal mehrere Wochen. Es wird geklärt, wer für ihn persönlich zuständig sein würde, wo er wohnen könnte, z.B. beim lange vergessenen Patenonkel usw. Die Projekte, die auf diese Weise zustande kommen, sind sehr unterschiedlich: Arbeit in einer Imkerei, Kfz-Werkstatt, Schreinerei oder in einer Bäckerei, Teilnahme an einer Zirkustournee, Fahrt mit einem Schleppkahn auf dem Rhein und natürlich immer wieder an verschiedenen Orten auf der Erde, leben und arbeiten auf einem Bauernhof.

Wichtig ist, dass ich mich radikal an den individuellen Interessen der Heranwachsenden orientiere, mir Zeit nehme, diese zu ergründen, und mich ganz auf ihre Perspektive einlasse. Dieses Prinzip der Subjektorientierung ist auch eine Hilfe, um Lebenssituationen einschätzen und Schieflagen erkennen zu können. So naheliegend und so selbstverständlich dieses Prinzip ist, so schwierig war es, mich wirklich danach zu richten. Wir wissen eben doch immer sehr genau, was richtig ist für ein bestimmtes Lebensalter und machen uns zu schnell ein Bild von dem, wie ein Jugendlicher sich zu verhalten habe. Diese Vorstellungen immer wieder beiseite zu schieben und sich zu sagen: »Nein, wir wissen nicht, was für ihn richtig ist, wir müssen warten, bis er es uns selbst sagt!«, war für mich und die beteiligten Eltern oft sehr mühsam.3

Es ist nicht leicht, den Eltern klar zu machen, dass es in diesen Projekten nicht um eine Verhaltensänderung geht, um eine noch bessere Methode, einen Jugendlichen dazu zu kriegen, dass er sich das Rauchen abgewöhnt oder endlich Hausaufgaben macht. Es geht darum, dem jungen Menschen einen Raum zu eröffnen, in dem er sich z.B. aus einer Rolle befreien kann und ihm zu helfen, zu sich selbst zu finden. Wohin der Weg geht, können und dürfen wir nicht planen, wir müssen uns überraschen lassen.

Im Rückblick zeigt sich, dass diejenigen Projekte besonders glücklich verliefen, in denen – neben der radikalen Orientierung an den Interessen des Jugendlichen – der Jugendliche merkte, dass seine Arbeit, ja, dass er selbst gebraucht wurde.

Es stellt sich die Frage, wie eine Atmosphäre entstehen kann, dass Eltern und Lehrer es nicht mehr für das Wichtigste auf der Welt halten, dass Kinder und Jugendliche die Schule besuchen und eine Beurlaubung eines Schülers vom Unterricht nicht erst dann in Frage kommt, wenn gar nichts anderes mehr geht. Wie kann es gelingen, dass ein Schüler das Angebot, für einige Zeit an einem »außerschulischen Lernort« zu leben, nicht als Bestrafung erlebt, sondern als Chance? Lernkultur kann sich doch nur dort entwickeln, wo Schüler angeregt werden, sich selbst zu fragen, was sie lernen wollen, und wo sie sicher sein können, dass sie von ihrem Lehrer auch dann unterstützt werden, wenn sie sich für etwas anderes interessieren als das, was im Lehrplan steht.

Warum können wir die Schule nur so schwer verändern?

Warum hat sich aber die Schule in den letzten vierzig Jahren nicht viel deutlicher in ein »Haus des Lernens« verwandelt, obwohl es doch so viele zukunftsweisende Ideen dafür gab? Warum sind so viele Reformen gerade in der Sekundarstufe I und II an den staatlichen wie auch an den Schulen in freier Trägerschaft im Sande verlaufen? Warum hat sich an den Waldorfschulen insbesondere in der Oberstufe das »Waldorfspezifische« immer mehr verflüchtigt und warum sind etwas tiefer gehende Veränderungen so selten?

Weiter oben habe ich ja bereits auf eine wesentliche Ursache aufmerksam gemacht: Es ist das Berechtigungswesen, es sind die staatlichen Abschlüsse, mit ihren Rückwirkungen bis weit in die Unterstufe hinein. Ich kann mich als Lehrer noch so sehr um interessante Lerninhalte und um ein gutes vertrauensvolles Verhältnis zum Schüler bemühen – die Beziehung des Schülers zum Stoff, zu dem, was er lernt, und seine Beziehung zu mir wird korrumpiert, wenn ich den Schüler durch Belohnung und Strafe – seien es nun Sterne und Gewitterwolken neben seinem Namen an der Tafel oder eine Note unter seinem Test – diszipliniere und zu irgendwelchen Leistungen oder zu einem bestimmten Verhalten bringe. Wenn so etwas mit Tieren gemacht wird, nennt man das Dressur … Damit wird deutlich, wie oft wir gegen die Würde der jungen Menschen
verstoßen.4

Das Fatale ist, dass die Schule als Institution, sobald sie dem Berechtigungswesen ihre Tore öffnet, tendenziell zu einer »Disziplinaranstalt« (Michel Foucault/ Klaus Holzkamp) werden muss.5 Dass sich nicht noch mehr Jugendliche gegen diese »Behandlung« auflehnen, liegt vor allem daran, dass sie sehr langsam und wohldosiert daran gewöhnt werden. Der Eindruck ist sicher nicht falsch, dass es gerade sehr vitale und eigenwillige Schüler sind, denen schließlich eine Auszeit gewährt wird.

Wird, was gelernt werden soll, tatsächlich gebraucht?

Neben dem Berechtigungswesen möchte ich noch ein weiteres Problem nennen, das ganz wesentlich dazu beiträgt, dass immer mehr Schüler »aussteigen«:

Ein konstitutives Prinzip der Schule ist, dass in ihr »auf Vorrat« gelernt werden soll; es gilt ja: »Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir!«

Dass wir Erwachsenen von den Schülern erwarten, dass sie sich heute anstrengen, um für morgen etwas zu lernen, das sie oft nicht interessiert und dessen Nützlichkeit sie für das spätere Leben nicht einschätzen können, wäre doch aber nur dann legitim, wenn klar wäre, dass sie das, was sie lernen sollen, tatsächlich brauchen werden. Auch werden die Schüler den von uns angebotenen bzw. verordneten Stoff eher aufnehmen, wenn sie darauf vertrauen können, dass wir das tatsächlich wissen. Beides ist heute oft nicht mehr erfüllt – und zwar aus ganz unterschiedlichen, aber durchaus bekannten Gründen:

  1. Die Nützlichkeit einmal erworbenen Wissens – es ist ja per se Wissen von gestern – nimmt bekanntlich ab; dies gilt übrigens auch für eine Vielzahl von Fähigkeiten, die die Schüler sich im Laufe ihrer Schulzeit aneignen sollen.6
  2. Die jungen Menschen nehmen um sich her eine Gesellschaft wahr, die in ihrem So- Sein von den heute lebenden Erwachsenen und deren Eltern zu verantworten ist. Vieles, was sie sehen, beweist nachdrücklich das Scheitern und den Eigennutz und vor allem die Ratlosigkeit dieser Erwachsenen.

So fällt es mir schwer, den Schülern gegenüber einen bestimmten Lehrplan zu vertreten, und es ist deutlich, warum es den Jugendlichen schwer fällt, uns zu vertrauen und das zu lernen, was wir Erwachsenen uns zur Vorbereitung auf die Zukunft für sie ausgedacht haben.

Auf zwei naheliegende Einwände möchte ich noch eingehen: In der Begegnung mit den Jugendlichen erleben wir doch immer wieder, dass sie Vertrauen in uns setzen. Das stimmt – zum Glück! Sie haben Vertrauen zu mir, wenn es mir gelingt, ich selbst zu sein. Wie oft aber verhalte ich mich eben doch »als Lehrer«, handle »als Mitglied meines Kollegiums«, für das bestimmte Regeln gelten, und merke dann, dass damit die Möglichkeiten schwinden, mich verständlich zu machen oder ein authentisches Gespräch zu führen. Ein weiterer Einwand ist, dass es doch in der Schule gar nicht primär darum gehe, dass die Schüler sich ein bestimmtes Wissen aneignen. Der Stoff diene doch vor allem dazu, in der Auseinandersetzung mit ihm bestimmte Fähigkeiten zu entwickeln, z.B. Phantasie, Zuverlässigkeit und Selbstständigkeit.

Auch das ist richtig, und es klingt ja auch sehr gut, wenn gesagt wird, es käme gar nicht auf das Wissen an, sondern darauf, dass die Schüler dieses möglichst selbstständig erarbeiten; darum sei es auch wichtig, nicht nur den Zuwachs an Wissen, sondern auch den Grad der Selbstständigkeit, mit dem es erworben wurde, zu beurteilen, am besten gleich zu benoten … Die Schüler ahnen aber, dass Selbstverantwortung, Risikobereitschaft, Flexibilität und Phantasie so hoch im Kurs sind, weil diese Kompetenzen für den Fortschritt am Standort Deutschland wichtig sind. Für die wirtschaftliche Entwicklung ist es nötig, dass sich möglichst viele Menschen selbstständig machen. Jeder soll seine eigene kleine Ich-AG sein. Die Jugendlichen sehen, dass der Kampf jeder gegen jeden um die Minijobs schon begonnen hat und dass nur der Selbstständigste sich durchsetzen wird.

Natürlich ist nicht jedes pädagogische Ziel schon deshalb obsolet, weil es im Rahmen der liberalisierten Marktwirtschaft nützlich ist bzw. missbraucht werden kann. Wir dürfen uns aber nicht wundern, dass die Jugendlichen misstrauisch sind, wenn wir versuchen, ihnen solche Ziele nahe zu bringen: zu offensichtlich ist das Interesse der Gesellschaft an Menschen mit gerade diesen Eigenschaften, genau diesen Qualifikationen – sie werden gebraucht, um den Karren am Laufen zu halten und zwar noch möglichst lange in die gleiche Richtung.

Sicher gibt es weiterhin Themen bzw. Lerninhalte, von denen wir überzeugt sein dürfen, dass es wichtig ist, dass ein junger Mensch sich in einem bestimmten Lebensalter mit ihnen beschäftigt. Es ist aber kein Wunder, dass es Reibungsverluste gibt, wenn wir versuchen, ihm diese wichtigen Inhalte nahe zu bringen, ohne dass er deren Nutzen kennt oder zumindest fühlt und ohne dass er uns vertrauen kann.

Arbeit und ihre Notwendigkeit

Nach diesen Anmerkungen zur Situation der Schule möchte ich auf meine Beobachtung zurückkommen, dass es gerade für Jugendliche, die irgendwie aus der Spur geraten sind, ein Labsal ist, sinnvolle, notwendige Arbeit zu tun und dabei zu erleben, dass sie gebraucht werden.

Was ist nun aber Arbeit und welchen Sinn kann sie haben? Für den einen beginnt die Arbeit ja bereits damit, dass er sich mit Mühe aus dem Bett erhebt, für den anderen erst, wenn er dafür Geld erhält. Ist es ein Kriterium dafür, dass wir eine Tätigkeit als Arbeit bezeichnen, dass sie sinnvoll und zielgerichtet oder dass sie anstrengend ist? Für manchen ist nur körperliche Arbeit echte Arbeit. Für andere wieder ist das Umgraben des Gemüsebeetes, bei dem der Schweiß tüchtig fließt, nur der Ausgleich für das, womit sie die Woche über Geld verdienen.

Es lohnt sich, etwas zurückzublicken: Der liebe Gott arbeitete sechs Tage lang, er musste ziemlich schuften, denn er erschuf die ganze Welt. Dann ruhte er aus, betrachtete seine Werke, sah, dass es gut war und heiligte den siebten Tag.

Der liebe Gott erschuf aber auch Adam und Eva, die ihm, wie wir wissen, nicht gehorchten. Sie aßen einen Apfel von dem verbotenen Baum der Erkenntnis und wurden dafür bestraft. Sie mussten das Paradies verlassen und ihr Schöpfer verfluchte den Acker, auf dass die Menschen sich fortan nur noch mit Kummer davon ernähren und nur noch im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot essen können … nun mussten sie arbeiten.

Dieser alte Mythos ist erhabenes Weisheitsgut der Menschheit. Er ist aber vielfältig überformt, indem er über lange Zeit tradiert und schließlich aufgeschrieben wurde. Tatsache ist, dass der hier aufscheinende Begriff von Arbeit, befördert durch die christlichen Kirchen, seine tiefen Spuren in unserem Bewusstsein hinterlassen hat: Arbeit ist gleich Mühsal und die muss der Mensch auf sich nehmen, wenn er in den Himmel kommen will. Offensichtlich setzte sich diese Interpretation jedoch erst relativ spät durch. Während sich über Jahrhunderte das Maß der Arbeit den jahreszeitlichen Erfordernissen anpasste und viele Tage im Jahr in allen Schichten der Bevölkerung ausgiebig gefeiert und gefaulenzt wurde, unterwarf sich erst das aufstrebende Bürgertum des 17. Jahrhunderts der »innerweltlichen Askese« (Max Weber).7

Über Karl Marx und Friedrich Engels, die die Arbeit als Möglichkeit der Selbstverwirklichung des Menschen, als Aktion wirklicher Freiheit beschrieben (vorausgesetzt das Individuum setzt die Zwecke seiner Arbeit selbst bzw. kann sie selbst setzen), und Simone Weil, nach der die körperliche Arbeit die geistige Mitte des gesellschaftlichen Lebens sein sollte, bis zum Recht auf Arbeit, wie es als Grundrecht in der Weimarer Verfassung und in der Charta der Vereinten Nationen8 – interessanterweise nicht im Grundgesetz – verankert ist, ist es ein weiter Weg. Jede Maßnahme, jeder Tatbestand durch den Menschen daran gehindert werden, ihren Kräften entsprechend zu arbeiten, verstößt gegen eines ihrer Grundrechte, gegen ihr Recht auf Arbeit.9

Auch wenn aktuell die Fragen der Erwerbsarbeit im Vordergrund stehen, wird doch immer wieder mit unterschiedlicher Akzentuierung darauf hingewiesen, dass arbeiten zu können oder genauer, sinnvolle Arbeit im gesellschaftlichen Kontext leisten zu können, für den Menschen eine notwendige Bedingung der Verwirklichung seiner selbst ist. Insofern ist es nicht überraschend, dass ich überall unmittelbar verstanden wurde, wenn ich in der letzten Zeit auf das von Erwin Seyfried im Zusammenhang mit der Frage nach der Integration von Menschen mit Behinderungen geprägte Motto »Jeder Mensch will notwendig sein« Bezug genommen habe.

Wie alt muss man sein, um richtig arbeiten zu können?

Nun geht es hier ja nicht um Erwachsene, sondern um Kinder und Jugendliche, und wir können und müssen uns fragen, ob sich die skizzierten Erfahrungen und Gesichtspunkte auf das Jugendalter übertragen lassen.

So lehrreich es ist, mit der Schöpfungsgeschichte zu beginnen, um etwas über die Bedeutung und den Sinn der Arbeit für die Menschheit zu erfahren, so erhellend ist es im Blick auf den einzelnen Menschen bis zur Geburt zurückzugehen.

Was beobachten wir nämlich vom ersten Tage an? Der Säugling arbeitet. Jedenfalls, wenn wir Anstrengung und Ernsthaftigkeit als Indizien dafür nehmen. Das Saugen an der Mutterbrust oder an der Flasche ist allemal Arbeit. Vertieft man sich in die zunächst völlig unkoordiniert und sinnlos erscheinenden Strampelbewegungen der Arme und Beine, so wird man bald gewahr, dass sie reiner Ausdruck von »Bewegungsglück« sind und sie doch ein Ziel haben: Der Säugling möchte sich möglichst bald aus der Hilflosigkeit des In-die-Welt-geworfen-Seins emanzipieren. Er möchte automobil werden. Beobachten wir ein Kleinkind im Krabbelalter, wenn es gegen die Kraft der eigenen Schwere übt, sich zu erheben und sich aufzurichten: Es ist ganz Anstrengung, Ernsthaftigkeit, Zielgerichtetheit, Sinnhaftigkeit. Und: Obwohl es sich bis zur Erschöpfung abrackert, braucht es dafür keine Belohnung.

Nun will ich den Begriff der Arbeit nicht unzulässig ausweiten. Wahrscheinlich ist es auch angemessener von einer Einheit von Spielen, Lernen und Arbeiten im Tun des Kleinkindes zu sprechen. Doch diese drei Dimensionen des Tätigseins entfalten sich im Laufe der Jahre und entwickeln sich auseinander. Sobald es nämlich irgend möglich ist, gibt es für die Kinder nichts Schöneres, als Mutter, Vater oder älterem Geschwister bei der Arbeit zu helfen. Mit unbeschreiblicher Ausdauer wird Laub geharkt, Kuchen geknetet oder abgewaschen. Wieder ist eine neue Stufe erklommen: es wird mit und für andere gearbeitet, die Arbeit ist von gesellschaftlichem Nutzen.

Dieses In-der-Welt-tätig-sein-Wollen wandelt sich in den nächsten Jahren, es individualisiert sich. Die Freude, tätig zu sein, etwas Sinnvolles zu tun, aber bleibt erhalten – wenn es gut geht bis zum 12. Lebensjahr – wenigstens in der Freizeit.

Freizeit? Wieso eigentlich Freizeit? Für fast alle Kinder ist die Einschulung ein gravierender Einschnitt. Sie haben sich meist auf den ersten Schultag gefreut und wollen unbedingt lernen. Und betroffen stellen wir fest, wie fast von einem Tag auf den anderen, lernen und arbeiten von vielen Kindern als mühseliges Geschäft erlebt wird. Sie zählen die Stunden. Sie freuen sich, wenn der Lehrer krank ist. Sie werden ja auch bedauert, wenn sie viele Hausaufgaben haben. Und sie bekommen zur Belohnung ein Eis oder einen Euro, wenn sie das tüchtig tun, was sie eigentlich sowieso gerne tun usw. Der Ernst des Lebens hat begonnen. Arbeit und Freizeit trennen sich voneinander und entwerten sich wechselseitig: je sinnloser und damit je stressiger für die Schüler die Schule ist, umso sinnloser darf auch die Freizeitbeschäftigung sein, umso mehr muss sie antörnen – die Erwachsenen machen es vor. Himmel und Hölle sind ja abgeschafft. Vordergründig geht es nicht mehr darum, ins Paradies zu kommen, sondern ins Schlaraffenland. Und überall sehen die Jugendlichen Menschen, deren Motto offensichtlich ist: »Wer Arbeit kennt und sich nicht drückt, der ist verrückt.« Wen wundert es, dass viele Heranwachsende ohne Zuckerbrot und Peitsche (Zensuren, Abschlüsse usw.) »für die Schule« kaum noch etwas tun?

Was für eine Wohltat sind dann doch die Ferien! Alle Jahre war es so, dass unsere Kinder auch noch in der Pubertät schon nach wenigen Tagen, ja Stunden wie ausgewechselt waren. Alle vier taten wieder mit Inbrunst sinnvolle Dinge, und es war auf einmal auch kein Problem für sie, mehrere Stunden am Stück dem Vater zu helfen, d.h. zu arbeiten.

Meine Quintessenz – Hof Naatsaku

Vor zehn Jahren begannen wir, meine Frau und ich, in Estland mit jungen Menschen den alten, verwahrlosten Hof Naatsaku wieder aufzubauen. Mehr als dreihundert Helfer haben inzwischen viele, viele Stunden investiert. Zwar ist immer noch viel zu tun, aber man kann sagen: Der Hof mit seinen alten, schönen Gebäuden ist gerettet. In die Gemeinschaft, die den 70 Hektar großen Hof heute bewirtschaftet, werden Jugendliche aufgenommen, die für einige Zeit aus ihren »Verhältnissen« herauswollen und Lust haben, mit uns zu leben und uns zu helfen. Es sind immer noch andere junge Menschen auf dem Hof, so z.B. Zivildienstleistende. Was die Jugendlichen auf dem Hof tun, richtet sich nach den Notwendigkeiten und nach ihren Interessen. Alles ist so eingerichtet, dass die Arbeiten und damit die Möglichkeiten zu lernen, möglichst vielseitig sind.9

Wenn wir auf Naatsaku die Arbeit in den Mittelpunkt des Zusammenlebens mit den so genannten schwierigen Jugendlichen stellen, so hat das zunächst ganz pragmatische Gründe: Wenn wir das Dach nicht gedeckt hätten, hätte es weiterhin auf die Schlafsäcke geregnet, und wenn wir dann das Dach gemeinsam deckten, waren die Jugendlichen nicht schwierig. Sie kamen zu sich selbst und zeigten und erlebten, wer sie sind und was sie wollen. Die Arbeit veränderte sie und gerade, wenn die Arbeit notwendig war, halfen sie gerne, auch wenn es anstrengend wurde. Sie bemerkten sofort, wenn wir sie nur beschäftigten … Wir erlebten, wie wichtig es ist, mit ihnen über die Zusammenhänge zu sprechen, in denen die jeweilige Arbeit stand. Die Jugendlichen waren glücklich, während sie fleißig waren, und stolz, wenn wir gemeinsam auf die getane Arbeit zurückblickten. Gerne feierten sie erfolgreiche Aktionen und konnten dann ausgelassen spielen und wie ihre Vorfahren auch ausgiebig feiern und faulenzen.10 Wir bemerkten, wie direkt wir uns in der Arbeit begegnen konnten und wie gut wir uns dabei kennen lernten.

So hat für uns auf dem Jugendhof Naatsaku neben dem köstlichen Gespräch – z.B. über den Sinn der Arbeit für den Menschen – die Köstlichkeit der gemeinsamen sinnvollen und notwendigen Arbeit eine besondere Bedeutung gewonnen.

Zum Autor: Dr. Markus v. Schwanenflügel, Jahrgang 1950, Studium der Mathematik und Physik, 28 Jahre Oberstufenlehrer, zunächst an der Rudolf-Steiner-Schule Bochum, nun an der Windrather Talschule, seit zehn Jahren »außerdem« Aufbau des Jugendhof Naatsaku in Estland; verheiratet, vier Kinder.

Zum Text: Bearbeitung eines Vortrags gehalten am 1. November 2003 auf der Fachtagung Erlebnispädagogik „Erlebnislernen in der Schule – Lernen als Erlebnis“ in Stuttgart, veröffentlicht in „Erziehungskunst“ Zeitschrift zur Pädagogik Rudolf Steiners, 7/8 2006, S.760 ff.

Anmerkungen:

  1. Aus heutiger Sicht ist es schon erstaunlich, mit welcher Naivität und ungebrochenen Kontinuität in diesen Gruppierungen Uniform getragen wurde (zur »Kluft« gehörten weiße Kniestrümpfe, sommers und winters eine kurze Lederhose, ein Halstuch und natürlich Abzeichen, wie man selbstverständlich im Alltag von »Sippen- und Stammesführern« und von »meinem Führer« sprach. Meine Mutter war sehr skeptisch, bestellte meinen Gruppenleiter zu uns nach Hause, prüfte ihn auf Herz und Nieren und ließ schließlich doch ihren begeisterten Ältesten fast jedes Wochenende mit einem alten Wehrmachtstornister (»Affen«) auf Fahrt gehen.
  2. Dass ich oft nur die männliche Form benutze, ist nicht nur der besseren Lesbarkeit geschuldet: Es sind tatsächlich meist Jungen, die so auffällig werden bzw. uns so auffallen, dass wir uns in besonderer Weise um sie kümmern. Die Annahme ist allerdings berechtigt, dass auch für Mädchen solche Auszeiten viel häufiger angesagt wären, dass sie aber ihre Schwierigkeiten besser tarnen bzw. verbergen.
  3. Das Standardwerk zum Thema Subjektorientierung und Lernen ist für mich: Lernen – subjektwissenschaftliche Grundlegung. Frankfurt/New York 1993. Sein Verfasser, Klaus Holzkamp, ist Begründer und über viele Jahre Leiter des Instituts für Kritische Psychologie an der FU Berlin gewesen. Mich selbst haben allerdings erst die Krisen meiner eigenen Kinder in und mit der Schule und mit uns als Eltern gelehrt, diesen Perspektivenwechsel tatsächlich vorzunehmen.
  4. Das Thema »Belohnung und Strafe« kann in diesem Rahmen nur angerissen werden. Um die Komplexität des Problems zu verdeutlichen, sei aber noch angemerkt, dass die Schwierigkeit ja darin besteht, dass der einzelne Schüler jede (pädagogisch ja notwendige) Rückmeldung, auch die geäußerte Freude, Bewunderung oder Enttäuschung (meist unbewusst) in Lob oder Tadel uminterpretiert. Eine Entwicklung, in der schrittweise intrinsische Lernmotivation durch extrinsische ersetzt wird und die »naturgegebene« offensive bzw. expansive Lernhaltung des Kindes sich in eine defensive verwandelt. Von der harmlosen »Information über den Leistungstand« zur Instrumentalisierung dieser Information zur Leistungssteigerung ist es nur ein winziger Schritt …
  5. 5 Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Überlegungen auch für einen »akkreditierten, qualitätsgesicherten und europaweit gültigen Waldorfabschluss« gelten würden. Auch er sollte ja zum Besuch der Hochschulen »berechtigen«. Gerade wenn auch die waldorfspezifischen Elemente berücksichtigt werden, kann man wunderbar Schüler, die sich z.B. nicht ganz so wunschgemäß bei der Probenarbeit für das Schauspiel in der 12. Klasse, bei der Jahresarbeit oder im Eurythmieunterricht engagieren, so ganz nebenbei darauf hinweisen, dass fehlender Einsatz ihren Abschluss beeinträchtigen, im Einzelfall sogar gefährden könnte.
  6. Ich selbst habe dies lange Zeit nicht wahr haben wollen. Mehr zufällig wurde ich darauf aufmerksam, dass ich meine humanistische Allgemeinbildung (für die ich meinem Elternhaus und meiner Schule sehr dankbar bin) fast ausschließlich in meiner Eigenschaft als Lehrer nutze und reproduziere. Das verschafft mir selbst tiefe Befriedigung. Doch wie viele meiner Klassenkameraden sind wie ich Lehrer geworden?
  7. 7 Wer gerne das, was er bisher über Mensch und Arbeit gedacht hat, gegen den Strich gebürstet bekommen möchte, sollte sich das Buch: »Feierabend – elf Attacken gegen die Arbeit«, (Kurz/ Lohoff/ Trenkle [Hg.], Hamburg 1999) besorgen.
  8. Artikel 23, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, 1948
  9. Mögliche Arbeitsbereiche sind: Land- und Forstwirtschaft, Gemüse- und Obstanbau, Hauswirtschaft, Restauration der alten Gebäude, Neu- und Innenausbau. Zum Hof gehört eine eigene Zimmerei/Schreinerei und eine Maschinenschlosserei. Weitere Informationen unter: www.naatsaku.com. Dieses Projekt ist nur dadurch möglich geworden, dass ich im Jahr 2001 als Lehrer (mit einer Viertelstelle) und Berater an die im Aufbau befindliche integrativ arbeitende Windrather Talschule, an der die Arbeit auch eine besondere Rolle spielt, wechselte und seitdem zwischen dem Baltikum und Deutschland hin- und herpendle.
  10. Das Spielen hat im Sozialen eine ebenso große Bedeutung wie das Arbeiten – davon vielleicht ein andermal